
C hristina Lobe ist Mit-Gründerin und Besitzerin von Yogatribe Berlin und unterrichtet mit Leidenschaft Anusara Yoga®. Neben regulären Klassen und Workshops, leitet sie Anusara Immersions und Anusara Teacher Trainings. Ich habe ihr ein paar Fragen gestellt.
Wie bist du zum Anusara Yoga gekommen und warum liebst du diesen Stil so sehr ?
Ich habe unterschiedliche Yoga Stile praktiziert, bis mich ein Freund in eine Anusara Klasse mitnahm. Ein Gastlehrer aus Amerika führte die Klasse. Ich war zutiefst berührt, fühlte mich klar und gestärkt und v.a. der Nachklang in meinem Körper überzeugte mich.
Anusara verbindet Philosophie mit Ausrichtung auf eine für mich stimmige Art und Weise. Während die sogenannten Ausrichtungsprinzipien den Körper in den Asanas schützen und die Stellung auf physischer Ebene verfeinern, leitet das Herzthema philosophisch durch die Klasse, um die Seele, das Herz oder einfach den sinnlichen inneren Erfahrungsaspekt anzusprechen. Dies vermittelt jedem Yoga-Schüler, dass es neben den Körperübungen auch um den inneren Weg geht.
Ist dieser Stil geeignet für hochsensible Menschen?
Anusara eignet sich für Yogis, die sich gerne bewusst bewegen und sich nicht scheuen, in die Begegnung mit sich selbst zu gehen.
Meist verzichtet Anusara Yoga auf Musik während der Klasse, um den Fokus auf die Ausrichtung und das begleitenden Thema zu lenken. Für mich hat Stille, v.a. in der Grossstadt, eine enorme Qualität, denn so kann der Praktizierende sich selbst atmen hören. Das eigene Atemgeräusch zentriert und stärkt, führt aber v.a. in eine innere Begegnung und ein Gefühl von Frieden mit sich selbst. Yoga ist eine Praxis die Achtsamkeit und Bewusstsein schulen soll.
Die Frage wäre also: wie können wir einen Raum schaffen, der dem Schüler die Möglichkeit gibt achtsam mit sich umzugehen und sein Bewusstsein zu vertiefen?
Prinzipiell ist es den Lehrern selbst überlassen, ob er Musik in seinen Klassen spielt. Musik sensibel eingesetzt kann Themen und Gefühle auch betonen, um etwas Bestimmtes zu vermitteln.
Ansuara ist nicht so schnell wie klassisches Vinyasa Yoga. Meist bedarf es etwas mehr Zeit, um den Schüler sicher in eine Stellung zu bringen und dort durch weitere Instruktionen zusammen mit dem Herzthema in die Erfahrung zu führen. Trotzdem ist Anusara Yoga nicht statisch. Je nach Klasse oder Workshop, kann der Stil sehr technisch, sehr langsam oder auch dynamisch fliessend unterrichtet werden. Alles ist möglich.
Bei Menschen, die hochsensibel sind, bedarf es v.a. einen Lehrer, der Ruhe ausstrahlt und sehr klar in seinen Ansagen und Bewegungen ist. Solche Lehrer kann man im Anusara finden, doch bestimmt auch in anderen Stilen, die auf sehr laute Musik und ambitioniertes Tempo verzichten.
Welche wohltuenden Rituale helfen dir am meisten in deine Kraft zu kommen?
Vor zwei Jahren hatte ich das Gefühl ausgebrannt zu sein. Das Studio war noch im Aufbau, ich begann mehr zu Reisen um an den Wochenenden in anderen Städten Workshops zu geben und dazu wollte ich auch den Bedürfnissen der Familie gerecht werden. Trotz regelmäßiger Yogapraxis, fühlte ich mich uninspiriert und müde.
Daraufhin beschloss ich ein radikales Self-Care Programm für mich zu starten. Ich beobachtete was mich am meisten Energie kostet und wobei ich am besten auftanken kann. Ich habe zum Beispiel festgestellt, dass ich gute 4-6 Wochen mit lediglich einem freien Tag die Woche durcharbeiten kann, wenn darauf 4 Tage folgen, an denen ich frei haben und dabei auch die Stadt verlassen kann. Diesen Rhythmus versuche ich nun zu beherzigen.
Die eigene Praxis hat einen grossen Stellenwert und Erholungswert für mich. Täglich etwas, ob Meditation oder Asana, ist ein Muss für mich geworden, um meine Energie zu halten, mich im Fluss zu fühlen und inspiriert. Dabei gehe ich auch gerne in Klassen oder Workshops von Kollegen und überlasse mich vertrauensvoll deren Anweisungen.
Mindestens 1 Mal im Monat gönne ich mir eine Massage, ein Facial, eine ausgedehnte Pediküre, Sauna oder Ähnliches. Dabei kann ich super gut Anspannung loslassen und “den Stecker ziehen”. V.a. nach Lehrertrainings oder ähnlich fordernden Workshops, buche ich mir was Schönes. Auch ein Tag mit meinem Sohn in der Natur ist für mich ein reiner Energiespender.
In anspruchsvollen Zeiten achte ich dabei besonders auf gute Ernährung, viel Schlaf und Augenblicke in denen ich alleine sein kann.
Der Versuchung zu verfallen, immer noch mehr Arbeiten zu wollen, noch mehr zu leisten, noch besser sein zu müssen ist heutzutage sehr groß. Doch das trifft nicht den eigentlichen Gedanken des Yoga. Die tantrische Idee des Yoga ist ein JA zum Leben, aber v.a. auch ein grosses JA zu sich selbst: also auch ein Annehmen und JA sagen zu den eigenen Bedürfnissen.
Wie sieht dein perfekter Tag aus?
Lustig, das ist die schwierigste Frage für mich. Ehrlich gesagt versuche ich jeden Tag zu einem perfekten zu machen. Ich mache wirklich gerne was ich mache und die Dinge, die mir nicht so liegen, dienen meist wieder der eigentlichen Sache. Swami Chetanananda hat mal gesagt, dass wir jede Situation daraufhin betrachten sollen, was wir aus dieser lernen können. Ich finde das hilft sehr, auch die nicht so erfreulichen Momente konstruktiv und sinnreich werden zu lassen.
Trotzdem möchte ich deine Frage mit ein paar Ideen beantworten, die für mich an einem perfekten Tag nicht fehlen dürfen:
- Yoga Praxis
- Zeit und Austausch mit den Liebsten
- einen Moment ICH-Zeit
Welche spiritueller Lehrer haben dich am meisten geprägt?
Eine Lehrerin, die mich sehr berührt hat und deren Bücher und Retreats immer eine Bereicherung für mich sind, ist Sally Kempton. Sie hat eine Bescheidenheit und Tiefe, die mich beeindruckt. Ihr Wissen ist immens und die Art wie sie dieses vermittelt leicht zugänglich. In ihrer Anwesenheit zu Meditieren ist eine Ehre und Wohltat.
Einen weiteren Lehrer, dem ich letzten Herbst begegnet bin und die Chance hatte, mich länger zu unterhalten ist Swami Chetanananda. Auch er hat eine grosse Ausstrahlung, die wie ein Katalysator in der Meditation wirkt.
Welche Beauty Routine lässt dich so strahlen?
Ich bin da eigentlich recht unkompliziert. Sanfte Reinigung der Haut mit milden Produkten. Cremes verwende ich von Marias, einer österreichischen Firma, die Biokosmetik herstellt. Für den Körper liebe ich duftneutrale Lotion, z.B. von Dr. Hauschka und Öle von Primavera oder Weleda. Ab und zu gehe ich zur Kosmetik und lasse mich verwöhnen. Dazu achte ich auf täglichen Sonnenschutz für das Gesicht.
Die Firma UND GRETEL hat tolle Produkte für ein natürliches Make-up, um auch mal den einen oder anderen Schatten unter den Augen zu kaschieren.
Gewöhnlich starte ich den Tag mit Ölziehen, danach wird der Körper abgerieben und eingeölt nach ayurvedischer Tradition; im Anschluss geduscht. Im Winter liebe ich es ein Ölbad zu nehmen, um durchzuwärmen und zu entspannen.
Ich ernähre mich bewusst, aber nicht dogmatisch. Viel Obst und Gemüse, Vollwert und wenig Zucker. Da ich Kaffee sehr gerne mag und damit einen Moment der Auszeit verbinde, gönne ich mir auch einen Kaffe pro Tag. Am liebsten mit Mandelmilch.
Mein Beautytipp schlechthin: Gelassen bleiben. Vieles Grübeln, Hadern und Unzufriedenheit schaden der Schönheit 😉 Meditation macht auf jeden Fall schön und dazu ausreichend Schlaf.
Welche 3 Top Zutaten dürfen in deiner Küche nicht fehlen?
Avocado muss immer im Haus sein. Das ist mein gesunder und schneller Snack für zwischendurch.
Ein weiteres Lieblingslebensmittel: Loveschock mit Feige und Mandeln. Yummi.
Ingwer + Zitrone habe ich ebenfalls immer in der Küche für Tees oder zum Würzen.
Natürlich findet ihr auch ein paar Super-Foods bei mir im Schrank, wie Spirulina, Maca Pulver, Chia Samen, roher Kakao u.a. , sowie Zusätzte für Smoothies und Säfte. Doch bleibe ich bei all dem Hype um das gesunde Essen gerne entspannt und stehe v.a. auf Regionales und Saisonales vom Markt!
Dein Geheimtip für gestresste Mütter?
Den Mut zu haben, eigene Vorstellungen und Strukturen über Bord zu werfen. Ich beobachte immer wieder, wie gefangen die Menschen und Eltern in ihren Vorstellungen sind: “das Muss so” oder “das macht man so”. Dabei wird oft vergessen, dass auch das Kind eine Idee und Weisheit mitbringt, von der wir viel Lernen können. Es ist nicht so, dass wir als Erwachsene immer alles besser wissen. Zuhören und Vertrauen haben, hat mir sehr geholfen entspannt zu bleiben.
Und: sich einzugestehen, dass es auch mal schön ist ohne Kind und dabei kein schlechtes Gewissen haben. V.a. Mütter werden ständig von ihrem schlechten Gewissen begleitet. Das kann ja nur stressen. So sehr ich die Zeit mit meinem Sohn geniesse, so sehr brauche ich auch Zeit für mich, fern der Mutterrolle. Und: keine Perfektion bitte.
Was ist dein ultimativer Tip für Frauen, die sich selbstständig machen wollen ?
Es gilt im Leben herauszufinden, was du wirklich machen willst. Was ist deine Wahrheit? Für was brennst du? Was fühlt sich richtig an? Wenn du das herausgefunden hast, ist alles was folgt die logische Konsequenz und das einzig Richtige.
Für mich persönlich war es dabei wichtig, die richtigen Verbündeten zu haben. Meinen Business Partner Kai Hill, mit dem ich das Studio leite. Und meinen Mann, der-wenn auch nicht immer begeistert von meinem Arbeitspensum-hinter mir steht.
Die eigene Vision, zusammen mit einem gewissen Mass an Mut und Risikobereitschaft und dazu Menschen, die einen kritisch aber unterstützend begleiten. Das wäre mein Tip an alle die sich selbständig machen und sein wollen.
Und für all die Frauen da draussen: hört auf euch klein zu machen oder hinter dem Mann und Kind zu verstecken.
Träume verwirklichen – wie geht das?
Die Antwort auf diese Frage würde ich mit den selben Sätzten wie oben beginnen. Für mich hängen Träume sehr nah mit der Idee von Dharma, der eigene Wahrheit oder dem eigenen Weg zusammen. Der inneren Stimme zu folgen, frei von Strukturen, Rollen oder Ego, scheint mir eines der größten Ziele im Leben und der Erfüllung oder den Träumen sehr nah.
Also auch hier: was ist es, was wir tief im Inneren wirklich wollen? Wenn das ganz klar geworden ist, kann man sich von der Idee, dem Bild und dem damit verbunden Gefühl leiten lassen. Jede Weggabelung wird dann begleitet sein von einem inneren Gespür von richtig oder falsch. Und selbst wenn wir mal den Umweg gehen, das Ziel vor Augen- aber nicht dogmatisch sondern im Fluss-wird uns in die Erfüllung der Träume führen.
Die Top 3 Orte in Berlin, die man auf keinen Fall verpassen darf?
- Cafe Roamers in Neukölln
- sämtliche Ufer der Spree
- Volkspark Friedrichshain
Lieblingszitat?
Gibt es ein Buch, das dein Leben verändert hat?
Wie gerne würde ich hier jetzt einen Titel notieren. Aber nein, es gibt nicht DAS eine Buch für mich. In jeder Zeit, habe ich immer wieder ein Buch in die Hand bekommen, was genau dann wichtig und richtig war. ich lerne gerne von und aus vielen Quellen.
Ein paar meiner Lieblingstitel:
- Meditation, das Tor zum Herzen öffnen von Sally Kempton
- The four desires von Rod Stryker
- Der Baum des Yoga von B.K.S. Iyengar
- Awakening Shakti von Sally Kempton
Wofür bist du dankbar?
Es ist immer wieder schön, sich darüber bewusst zu werden.
Ich bin für so Vieles dankbar.
Für die Menschen, die ich in meinem Leben habe oder von denen ich lernen durfte. Für meinen Job; den Luxus etwas tun zu können, was ich gerne mag. Dafür, dass ich so gut geführt wurde in meinem Leben. Auch bin ich sehr dankbar darüber, erkannt haben zu dürfen, das egal, was im Außen passiert, es etwas in mir gibt, dass davon unberührt und frei bleibt. Egal welcher Sturm um mich herum tobt, der innere “Beobachter“ erkennt, nicht eins zu sein mit diesem Sturm und in seiner Natur friedlich mit sich selbst bleiben zu können. Das klappt natürlich nicht immer – aber immer öfter.
♥liebe Christina ganz lieben Dank für das tolle Interview und die Inspiration
Hast Du Lust bekommen Christina live zu erleben und bei ihr Yoga zu lernen?
09.-11.09.2016 Workshop in Biel, Schweiz bei Lalumbre
07.-09.10.2016 Workshop in Ludwigsburg bei Pure Yoga
04.-06.11 2016 Workshop in Stuttgart im Yogaloft
mehr Infos über Christina und ihr Angebot findest du hier
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